, Vea Kaiser Blasmusikpop Kiepenheuer & Witsch

Wer den Film „Wer früher stirbt ist länger tot“ gemocht hat, der wird auch mit diesem Buch seinen Spaß haben. Ein Heimatroman, der eigentlich keiner ist, obwohl er das heimlich aber doch ist. Vom Heimatroman unterscheidet ihn die passive Teilnahme von Herodot und der Umstand, dass die Autorin Homer zum Maßstab von Literatur und Menschenbildung macht.

Was für eine Beziehung haben Sie denn selbst zum Land?

Es fängt an, wie man sich eine Dorfkomödie vorstellen könnte: Der Holzschnitzer Johannes Gerlitzen und seine junge Ehefrau erwarten ein Kind, doch auch in seinem Körper wächst etwas heran: ein Bandwurm. Während sie über die Beschwerden der Schwangerschaft klagt, stillt er seinen neuen Wissendurst in Sachen Bandwurm in der Dorfbibliothek, so dass seinem Wurm im Dorf schließlich mehr Aufmerksamkeit zuteil wird als ihrer Schwangerschaft, die mit der Geburt eines Mädchens endet, das mit dem verhassten Nachbarn mehr Ähnlichkeit hat als mit ihrem offiziellen Vater. Johannes A. Irrwein, sein Enkel, will sich, ein wenig später, Klarheit verschaffen und schreibt eine Dorfchronik, die stark an die Tonlage des griechischen Geschichtsschreibers Herodot erinnert.

Es sind immer wieder eingestreut Abschnitte einer Abhandlung über Bergbarbaren – ist das von Herodot oder ist das von Johannes?

Versucht Johannes, die Welt durch Schreiben zu ordnen? Machen Sie das auch?

Was Vea Kaiser verfasst hat, ist eine bunte, teils chaotische, aber immer unterhaltsame und spannende Bergdorfchronik, die vom letzten halben Jahrhundert erzählt. Statt sich mit seiner Frau zu versöhnen, zieht der gehörnte Johannes Gerlitzen nach Wien, wird mit Fleiß und List ein Arzt und kehrt dann zurück ins Dorf, wo sich fast nichts verändert hat. Dies Buch könnte mit seiner teils burlesken, teils auch unrealistischen Komik und Drastik ein zeitgemäßer Heimatroman sein, aber es wird doch etwas mehr geboten. Vea Kaiser ist zwar in dörflicher Umgebung aufgewachsen und wollte ursprünglich vielleicht einmal in Form einer Erzählung Schluss machen mit dem Landleben. Aber schon der Titel ist zu schräg für reine Heimatlyrik.

Blasmusikpop – was ist das ?

Vea Kaiser liest inzwischen die Texte der griechischen Klassiker im Original und hat daran Freude. Unter anderem auch darum muss in ihrem Roman, außer den eingestreuten Passagen eines antikisierenden Textes über Bergbarbaren, ein wildes dionysisches Fest stattfinden, ein Bacchanal.

Erfüllt diese dionysische Orgie Johannes‘ Antikensehnsucht?

Natürlich ist nicht alles realistisch in einem Roman, der in einem Dorf Sankt Peter am Anger unter den Bergen spielt und dessen Welt anhand griechischer Historiographie geschildert wird. So lässt die Autorin es „tatsächlich“ geschehen, dass der Bundesligist Sankt Pauli zum Match in Sankt Peter am Anger antritt. Wahrscheinlich ist es Vea Kaisers Neigung zum Fußball, der dieser Einfall entspricht.

Warum Sankt Peter – wegen Sankt Pauli?

ISBN: 978-3-462-04464-5

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