Das Zusammentreffen unterschiedlicher Menschen, die Erbschaft mit Auflage –
das ist eine erkennbare Versuchsanordnung, deren Subtilität in der Anlage
der Charaktere besteht: Es versammelt sich in dem etwas heruntergekommenen,
einst herrschaftlichen Haus eine Reihe von Lebensmüden aus allen möglichen
Milieus. Der Tod ist nach wie vor ein Thema, das schnell mit heiklen Tabus
besetzt wird, die ihrerseits die klassischen Reflexe der Situationskomik
heraufbeschwören. Auf der Ludwigshöhe prallen nicht nur Personen mit
gegensätzlichem Habitus aufeinander, sie wollen ihr Leben beenden und
befinden sich darum alle am Rand einer existenziellen Extremsituation: Die
Kioskbesitzerin mit Stadtlärm-Phobie, der Bühnenbildner, dessen Arbeit
niemals gesehen wurde, die flüchtige Muslima, die unglücklich verliebte und
verlassene Domina, die ausgebrannte Lehrerin, der überschuldete Verleger. Im
Kaleidoskop der einzelnen Blickwinkel auf die Welt, auf unsere Welt im
wirtschaftlich und intellektuell erschlaffenden Deutschland breitet uns
Pleschinski seine Sicht auf die Dinge aus: Mal spricht er uns mit seinen
Beobachtungen aus dem Herzen, mal ergeht er sich im manierierten Ton eines
Snobs, in beiden Tonlagen bleibt er amüsant, und obwohl sich ihm oft die
Gelegenheit dazu böte, ist er kaum boshaft; vielmehr beseelt ihn eine
gewisse, wenn auch gelegentlich ironisch gebrochene, liebevolle Anteilnahme
am Schicksal seiner Figuren.
Wie ist einem Autor so zwischen Entsetzen und Groteske?
Ein Gesellschaftsroman? Ein München-Roman? Ein zeitkritischer Roman der
deutschen Wohlstandsgesellschaft aus der Epoche von Harz IV? Was hat ihn
mehr gereizt: Die mögliche Situationskomik seiner Versuchsanordnung oder die
Zeitkritik? Von der Anlage her könnte es der Versuch eines Remake von Thomas
Manns Epochenroman „Der Zauberberg“ sein, aber Hans Pleschinski verwahrt
sich dagegen: „Kein Schriftsteller wird so doof sein, den Zauberberg
imitieren zu wollen.“ Ein bisschen von all dem ist Hans Pleschinskis Roman
„Ludwigshöhe“ auf jeden Fall, was ihn aber auszeichnet, ist sein Tonfall,
der Sinn für morbide Komik und charmante Aperçus.